Dini Dino

Wie alles anfing

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Dini hatte Angst. Und deshalb quiekte sie so jämmerlich. Im hohen Gras saß sie unter riesigen Bäumen und quiekte und schnaufte zum Steinerweichen. Könnt Ihr Euch denken, warum Dini solche Angst hatte?

„Ich bin doch noch so klein,“ dachte Dini, „ich bin doch erst fünf Jahre alt“. Dabei war sie immerhin sieben Meter lang und wog mehr als acht Zentner. Aber ihre Mama war immerhin fünfundzwanzig Meter groß. Ihr merkt schon, Dini ist kein Mensch, auch kein Schwein, nicht einmal ein Elefant, sondern ein Dino-Saurier-Kind, genauer eine kleine Brachiosauriererin.

Und jetzt war seine Mama verschwunden und sein Papa war auch nicht da, aber das war nichts Besonderes. Der trieb sich sowieso immer herum, und man wußte oft genug nicht, wo er steckte.

„Und Hunger habe ich auch,“ dachte Dini. „Aber essen kann ich ja schon allein. Das hohe Gras sah ausgesprochen lecker aus.“ Aber was war das? Da saßen ja kleine rote Tiere auf den Gräsern. „Nacktschnecken“, dachte Dini, „igitt!“ So was hatte sie schon mal in den Mund bekommen. Ganz glitschig hatte es geschmeckt und zwischen den Zähnen war es so schleimig gewesen. Und Dini wollte gerade alles wieder ausspucken. Da hatte die Mutter sie aber angebrüllt. „Schluck's runter, Dini,“ hatte sie geschrien. „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.“

Doch jetzt war Mama ja nicht da. Und darum schaute Dini nach oben. Saftige, leckere Blätter waren an den Bäumen. Dini lief das Wasser im Munde zusammen. Doch so sehr Dini sich auch streckte, die Blätter hingen einfach zu hoch. Da hätte schon die Mama da sein und ihr ein paar Äste herrunterreißen müssen. Aber Mama war ja nicht da.

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Plötzlich hörte Dini ein Stampfen. „Gott sein Dank,“ dachte Dini, das wird meine Mama sein. Bestimmt hat sie mich schon vermißt. Dann aber erschrak sie. Und vergaß vor Schreck sogar das Quieken. Über ihr tauchte ein grimmiges Gesicht auf, ein offenes Maul mit riesigen scharfen spitzen Zähnen. Und plötzlich stank es auch ganz erbärmlich. Tortz aller Angst mußte Dini denken: „Iiih, der hat ja Mundgeruch!“

Doch die Situation war gefährlich. Dini machte sich ganz klein. Trotzdem kam der aufgerissene Rachen der kleinen Dini immer näher und näher. Dini sah nicht mehr hin, hörte nichts mehr, machte einfach die Augen und Ohren zu. Dann wollte der Tyranno­saurus - denn um solch ein Ungeheuer handelte es sich - zupacken. „So ein kleiner Leckerbissen,“ dachte er. Vor lauter Vorfreude floß ihm die Spucke von den unge­pfleg­ten Zähnen. Und in dem Augenblick, als er gerade sein Maul schlie­ßen wollte, kippte er einfach um.

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Was war geschehen?

Irgendwann hatte sich Dinis Mutter umgewandt. Und da war keine Dini. Ganz plötzlich war die Mutter stehen geblieben. Und dann hörte sie von weitem Dinis Quieken und auf einmal war es ganz still. Dinis Mutter ahnte das Schlimmste. Sollte sich da jemand über ihr süßes Kind hergemacht haben?

Sie machte kehrt und raste stampfend den Weg zurück. Bäume kippten um, Schlamm spritzte auf. Dinis Mutter war alles egal.

Und dann prallte sie auf einmal auf ein anderes Hindernis. Und auch dieses Hindernis kippte um.

Ihr könnt es euch sicher denken, was das letzte Hindernis war. Es war der Tyrannosaurus. Vor lauter Gier und Lust auf das leckere Frühstück hatte er auf nichts geachtet, nur Dini im Auge gehabt.

Und jetzt lag er da. Sein Kopf war so heftig auf einen Felsen geprallt, daß er bewußtlos geworden war. Und als Dinis Mutter heranraste, trat sie ihm zu allem Überfluß noch so heftig auf den Schwanz, daß das Untier auf den Rücken rollte und mit verdrehten Gliedern liegen blieb.

Als Dinis Mutter das Untier sah, bekam sie einen gewaltigen Schreck. Der war ja fast genauso groß wie sie selbst. Und vor allem: der hatte Zähne im Maul! Die Sorte kannte sie. Die hatten nichts anderes im Sinn, als anderen friedlichen Sauriern den Hals durchzubeißen und sie anschließend aufzufressen.

Mit einem Griff ihrer kurzen Arme packte sie Dini. Dini hatte die Augen noch immer geschlossen und glaubte nun, es sei der Tyrannosaurus, der sie gepackt hielt. Und auf der Stelle quiekte sie wieder los.

Da hättet ihr aber Dinis Mutter hören sollen. „Hör endlich auf zu quieken,“ schrie sie Dini an, „oder willst du das Monster wach machen? Ich habe dem Unhold nur auf den Schwanz getreten, der kann jeden Augenblick wieder wach werden.“

Und dann packte sie Dini noch fester, warf sie sich auf den Rücken und galoppierte aus dem Wald heraus in die offene Steppe, wo man Feinde leichter sehen kann.

Auf dem Rücken seiner Mutter hatte Dini sich langsam wieder beruhigt und war schon fast wieder fröhlich, als die Mutter sie endlich auf den Boden plumpsen ließ.

„So, und jetzt wird erst mal was gegessen,“ sagte die Mutter. „Da vorn sind drei große Büsche. Die ißt du jetzt sofort auf, sonst wirst du nie ein richtiger Brachiosaurus, und jeder Säbelzahntiger kann dich auffressen. Also los jetzt!“

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Ausnahmsweise mal gehorsam, weil sie ja schon lange Hunger hatte, trabte Dini zu den Büschen und begann Ast um Ast abzureißen und die Blätter abzufresen. „Und das Holz wird mitgefressen,“ rief die Mutter, „das ist ja das Nahrhafteste.“

Aber Dini mag kein Holz, das liegt so schwer im Magen. Und wie sie mißmutig versuchte, das Holz mit ihren kleinen Zähnchen abzuraspeln - aber was heißt: kleine Zähnchen, die waren so groß wie dicke Kieselsteine oder kleine Fußbälle -, da hörte sie auf einmal ein merkwürdiges Piepsen.

Und dann sah sie auchetwas. Ein winzig kleines Etwas, weich und kuschlig aussehen. Und es piepste.

„Wer bist du,“ fragte Dini erstaunt. „Ja,“ sagte das Etwas. „Das ist eine schlimme Sache. Ich gehöre eigentlich gar nicht in diese Geschichte. Eigentlich gibt es mich noch gar nicht. Aber ich habe etwas so Schreckliches erlebt. Da bin ich in ein Mauseloch gekrochen. Und immer weiter und weiter. Und plötzlich bin ich durch ein anderes Loch herausgefallen. Und da war ich hier.“

„Ach bitte,“ sagte Dini, „erzähl mir doch, was Dir passiert ist. Ich höre so gern schreckliche Sachen.“

„Ach, was mir begegnet ist,“ sagte der Vogel. „Das ist eine andere Geschichte.“

Das Abenteuer des Vogels

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Also, wenn du es unbedingt hören willst, aber mir wird schon wieder Angst, wenn ich nur daran denke.

„Ich war auf den Boden gehüpft, wollte ein paar Körner aufpicken, die glänzten so lecker in der Sonne und wie ich so von einer Stelle zur anderen hüpfte, hörte ich plötzlich ein fürchterliches Fauchen und als ich aufsah, habe ich geglaubt, daß mir vor Schreck das Herz stehenbleibt.

Als erstes sehe ich zwei riesige glühende Augen, die mich boshaft anstarren. Und wie ich dann genauer hinsehe, ist da ein riesenhaftes Maul mit spitzen gefährlichen Zähnen.“ „Oh,“ rief Dini dazwischen, „das Ungeheuer kenne ich, es ist ein Tyrannosaurus.“

„Nein,“ meinte der Vogel, „viel gefährlicher, es war eine Katze, pechschwarz, wie der Teufel persönlich sah sie aus und hatte schon ihre Pranke erhoben, um mir das Lebenslicht auszublasen.“

Dini schaute den Vogel bewundernd an: „Du kannst aber schön erzählen,“ sagte sie zu ihm. „So schön könnte ich das nicht.“

„Warte,“ sagte der Vogel, „ich bin ja noch nicht zu Ende.“

„Zum Glück war hinter mir ein Loch in der Erde. Da hinein habe ich mich geflüchtet. Und dann war es stockduster, und ich konnte überhaupt nichts mehr sehen. Plötzlich spürte ich einen Luftzug und hatte das Gefühl: Hier ist genug Platz zum Fliegen.

Und dann bin ich losgeflogen. Immer schneller und schneller, so schnell wie noch nie in meinem Leben. Es wurde noch dunkler, so dunkel, daß es dafür gar kein Wort gibt. Und wie ich in das Dunkel hineinfliege, gibt es auf einmal einen gewaltigen Krach, alles um mich herum dreht sich, ich sehe feurige Kreise, und dann bin ich plötzlich hoch oben in der Luft und falle und falle. Zum Glück fiel mir rechtzeitig ein, daß ich fliegen kann, und so bin ich hier gelandet und habe mich erst einmal in dem Gebüsch versteckt, da du gerade abgerissen hast.“

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Dini seufzte tief: Ich kann dich ja so gut verstehen, sagte sie, ich habe vorhin so etwas ähnliches erlebt. Und dann erzählte sie dem Vogel ihr Erlebnis.

Und sie fragte ihn: „Was willst du denn hier jetzt machen?“ „Das weiß ich auch noch nicht,“ antwortete der Vogel, „ich bin ja froh, daß ich dich getroffen habe.“ „Ach,“ sagte Dini, „ich bin auch froh, daß ich dich getroffen habe. Weißt du, meine Mama versteht mich nämlich nicht, die schimpft immer nur mit mir und sagt, ich soll Holz essen. Dabei mag ich doch gar kein Holz.“

„Pfui Teufel,“ sagte der Vogel, „Holz kann man doch nicht essen!“

„Siehst du,“ sagte Dini, „ich mag auch viel lieber nur Blätter und Gras, aber ohne Schnecken. Schnecken schmecken nämlich glitschig!“

„Weißt du was,“ sagte Dini, „wir könnten doch Freunde sein. Und wir könnten miteinander spielen, und vielleicht erleben wir auch ein paar Abenteuer“. „Au ja,“ sagte der Vogel, „ich will gern dein Freund sein. Aber nur, wenn die Abenteuer nicht so schrecklich gefährlich sind. Ich mag nämlich nur schöne Abenteuer.“

„Komm, wir gehen,“ sagte Dini und machte sich auf den Weg. „Ich fliege lieber,“ rief der Vogel und flog hinterher.

„Diniii,“ schrie die Mutter, „wo willst du denn nun schon wieder hin?“ Aber Dini gab keine Antwort. Sie lief immer weiter. Mitten hinein in die nächste Gefahr.

Aber das ist eine andere Geschichte. ¼
Die Welt ist gefährlich

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Unten lief Dini, oben flog der Vogel. Dini rief dem Vogel etwas zu. Aber der verstand es nicht, weil ihm der Wind so um die Ohren pfiff. Schließlich kam er herunter und setzte sich auf Dinis Schulter.

„Macht es dir etwas aus, wenn du mich trägst“, fragte der Vogel. Aber Dini hatte noch gar nicht gemerkt, daß der Vogel auf ihr gelandet war und sagte: „Nein, du kannst ruhig sitzen bleiben, du bist ja so leicht wie die Luft. Und dann können wir uns viel besser unterhalten.“

„Sag mal, wenn wir jetzt Freunde sind, dann müssen wir uns auch unsere Namen sagen. Ich heiße Walter und bin ein Kondor.“ Dini fragte: „Was ist ein Kondor?“ Und Walter meinte: „Das ist der größte Vogel der Welt.“

„Aber du bist ja kleiner als mein Auge. Du bist ja nicht einmal so groß wie ein Zahn von mir!“ „Siehst du,“ sagte Walter, „du glaubst mir nicht. Die anderen Vögel haben auch immer gesagt, ich sei ein Spatz. Aber ich habe immer gefühlt, daß ein Kondor bin.“

„Ach Walter,“ sagte Dini, „ist doch egal, was du bist, Hauptsache wir sind Freunde. Meine Mama sagt immer Dini zu mir und der Name gefällt mir. Mein Vater, wenn er mal da ist, nennt mich immer ‘Edina’, weil seine Mutter auch Edina geheißen hat. Und von ihr habe ich den Namen geerbt. Aber ich finde den Namen schrecklich.“

Während die beiden sich so unterhielten, war Dini immer weiter gelaufen. Plötzlich stolperte sie über einen Felsbrocken und Walter wäre fast zu Boden gefallen, wenn er nicht schnell hochgeflattert wäre. Und was er da oben zu sehen bekam, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren!

„Dini, Dini,“ rief er ganz aufgeregt. „Da vorn kommt ein Berg angelaufen!“ Er landete wieder auf Dinis Schulter. Dini schaute sich um. „Ach nein, Walter,“ sagte Dini, „das ist doch Trico der Panzersaurier. Der ist nett, mit dem kann man wunderschön spielen. man muß ihm auf den Rücken krabbeln, und dann kann man sich herunterrutschen lassen. Manchmal, wenn es ihm zu viel wird, dann stupst er einen mit dem Horn, aber das tut nicht weh.“

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Plötzlich aber schrie Dini auf. „Oh je, was dahinten am Wald rand auftaucht, das sieht gar nicht gut aus!“ Walter flatterte wieder hoch: „Ach du Schreck,“ rief er, „das ist ja ein leibhaftiges Monster!“ „Und gefährlich,“ sagte Dini, „seine Lieblingsspeise sind Saurierkinder.“

Da wurde Walter auf einmal ganz mutig. „Wir müssen uns etwas ausdenken, um das Ungeheuer unschädlich zu machen. Vielleicht kann Trico uns ja helfen!“ Die beiden liefen auf Trico zu. „Du mußt uns helfen, Trico. Da vorne kommt der Tyrannosaurus und will mich wahrscheinlich fressen.“

„Ich habe eine Idee,“ rief da Walter. Er hatte bewundernd die spitzen scharfen Hörner von Trico angeschaut. „Wenn Trico sich einfach auf die Erde legt, dann locke ich das Monster hierher. Und wenn dann der Unhold über den Felsbrocken steigen will, dann hebt Trico blitzschnell seinen Kopf und sticht dem Monstrum in den Bauch.“

Trico brummte: „Ich habe mir schon lange gewünscht, dem Tyrannosaurus eins auswischen zu können. Er hat schon zwei meiner Kinder gefressen. Mir kann er nichts tun. Mein Panzer ist viel zu hart. Und außerdem bin ich viel zu groß für den Verbrecher. Die Idee ist gut. Probieren wir es.“ Und damit warf er sich auf die Erde und zog seinen Kopf ein. 

Aber was war mit dem Tyrannosaurus?

Der hatte in Ohnmacht dagelegen. Ein Erdbeben hatte ihn zudem überrascht, von dem die andern kaum etwas mitbekommenen hatten. Aber bei dem Erdbeben waren glühende Gesteinsbrocken aus der Erde hervorgebrochen und hatten einen Teil des Waldes in Brand gesetzt. Und jetzt zog dicker schwazer Rauch über den Tyrannosaurus hin. Der bekam erst einmal einen Hustenanfall, dann versuchte er aufzustehen. Der Schwanz schmerzte ihn, weil Dinos Mutter draufgetreten war, der rechte Vorderarm hing gebrochen herunter. Trotzdem richtete sich der Tyrannosaurus ächzend und hustend auf. „Nichts wie weg von hier,“ stöhnte er, „auf in die Steppe.“ Und schon stampfte er los. „Und dann werd' ich dieser blöden Saurierbande zeigen, daß mit einem Tyrannosaurus nicht zu spaßen ist!“ Und schon stand er in der Steppe.

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Ja, was war denn das nun wieder! Sah aus, wie eine besonders dicke Flieg und flatterte ihm immerzu vor den Augen. Anscheinend hatten nicht mal mehr die Fliegen Respekt vor ihm. Er brüllte so laut er konnte: „Uuuuaaaa, Uuuuaaaa!“ Ihr ahnt natürlich, wer das war, der da flatterte; es war Walter Und jetzt rief Walter dem Monster zu: „Fang mich doch, fang mich doch.“

Wieder brüllte der Tyrannosaurus, und noch schneller raste er hinter Walter her. Daß ihm ein kleiner Berg im Weg war, störte ihn nicht. „Da komme ich leicht drüber,“ dachte er.

Und dann sah er Dini. „Ah, da ist ja mein Leckerbissen,“ murmelte er vor sich hin. Dini saß hinter dem Berg und starrte mit schreckensgroßen Augen auf den Tyrannosaurus. Gerade wollte er auf den Berg hinaufrasen, da hob sich plötzlich Tricos Kopf mit dem spitzen scharfen Horn und spießte ihn auf. Kein Schrei kam aus seinem schrecklichen Maul. Nur ein tiefer Schnaufer. Dann verdrehte er die Augen und fiel um.

Dini kam angelaufen. Und auch Walter war wieder da. Sie tanzten zusammen um den toten Tyrannosaurus und sangen:

„Das Monster liegt im eignen Blut.

Das tut uns gut, das tut uns gut.“

Und Trico brummte: „So, der frißt keinen Saurierkinder mehr.“ Und zu Dini und Walter sagte er: „Kommt mal mit mir. Ich muß euch etwas zeigen.“

Aber das ist eine andere Geschichte ¼

Der weise alte Trico

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Trico wälzte sich durchs Gras. Dini lief hinter ihm her. Walter saß wieder auf ihrer Schulter. 

„Was Trico uns wohl zeigen will? Er tut so geheimnisvoll. Ich glaube, er hat irgend etwas vor,“ sagte Dini zu Walter. Walter fragte: „Können wir ihm wirklich vertrauen? Vielleicht will er uns in eine Falle locken?“

„Ach nein,“ sagte Dini, „da brauchst du keine Angst zu haben. Trico ist mit meiner Mutter befreundet. Und wenn Mama nicht gesehen hätte, daß wir bei Trico sind, wäre sie mir schon längst nachgelaufen“. Trico zeigte auf die Seite: „Hier in der Nähe haben meine Frau und ich ein Nest. Aber das zeige ich niemanden. Bald werden wir Junge haben.“

„Wie,“ sagte Dini, „du hast eine Frau, das wußte ich ja gar nicht!“ „Man muß ja auch alles wissen,“ brummte Trico.

Dann drehte sich Trico zu den beiden um und murmelte: „Jetzt müßt ihr ganz vorsichtig und ganz leise sein. Gleich sind wir da.“ Ganz vorsichtig schob er sich selbst voran. „Kommt hierher, neben mich.“

Dini trat mit Walter vorsichtig neben Trico. Und dann sahen sie, was Trico ihnen hatte zeigen wollen. Gerade vor ihnen war die Erde eingebrochen, ein großes Loch war zu sehen und die Wände des Lochs waren so steil, daß wohl niemand daran hätte hochsteigen können. Das Loch war wohl so groß wie ein Fußballstadion. Und unten wuchs nur Gras. Und ein kleiner Regenwassertümpel war zu sehen.

Aber nicht deshalb hätte Dini fast laut aufgeschrien. Am Boden lag ein riesiger Tyrannosaurus, fast noch größer als der, den sie eben erledigt hatten.

„Das ist die Frau von dem Tyrannosaurus, der jetzt dahinten tot liegt“, erklärte Trico Und drumherum saßen drei kleine Tyrannosaurier, nicht ganz drei Meter groß.

Trico erzählte Dini und Walter: „Die Alte wurde schwer verletzt, als die Erde hier eingebrochen ist. Und inzwischen ist sie wohl an ihren Verletzungen gestorben. Eigentlich wollte ich die Kleinen hier unten verhungern lassen. Denn wenn sie groß werden, fressen sie wieder kleine Saurierkinder. Aber jetzt tun sie mir doch leid. Wir sollten versuchen, sie zu retten.“

„Ja, aber wie,“ fragte Dini. „Das Loch ist einfach zu tief. Und wenn wir sie auch hier oben hätten, womit sollen wir sie füttern. Gras und Blätter fressen sie bestimmt nicht. Die wollen Fleisch fressen.“

„Ja,“ sagte Trico, „du hast schon recht, man müßte sie an ein anderes Futter gewöhnen. Ich habe mir auch schon Gedanken darüber gemacht. Immer, wenn ich so mein Gras abfresse, sind Käfer, Spinnen, Schlangen und Kröten darin versteckt. Und wenn man die zwischen die Zähne bekommt, dann verderben sie einem den ganzen leckeren Grasgeschmack, und ich würde am liebsten alles wieder ausspucken, so ekelig schmeckt das. Und dieses Ungeziefer könnten doch die kleinen Tyrannosaurier fressen. Dann wäre das Gras hinterher schön sauber und würde mir dreimal so gut schmecken. Und die Kleinen würden davon satt.“

„Oh ja,“ sagte Dini eifrig, „der ganze Wald ist voller Schnecken, daß man keinen Grashalm mehr in den Mund nehmen kann“. „Siehst du,“ sagte Trico, „das wäre ein gefundenes Fressen für die Kleinen. Und dann könnten sie unsere Freunde werden. Und könnten bei uns leben. Und weil wir dann ja Freunde wären, fräßen sie auch unsere kleinen Saurierkinder nicht mehr, sondern würden uns vor andern räubernden Sauriern beschützen.“ „Das hast du dir schön ausgedacht,“ sagte Dini. „Aber wie kriegen wir die Kleinen aus dem Riesenloch?“

„Ach,“ seufzte Walter, „wenn ich doch nur größer und stärker wäre, dann könnte ich nach unten fliegen und sie mit meinen Krallen fassen und sie nach oben tragen. Aber das schaffe ich nicht. Dazu sind die Kleinen zu schwer.“

„Aber die Idee ist trotzdem gut,“ sagte Trico. „Ich habe einen Freund, der heißt Quetzi. Das ist ein gewaltiger Flugsaurier. Jeder Flügel ist mehr als zehn Meter lang. Für den wäre es ein leichtes, die Kleinen nach oben zu schaffen. Er kann zwar nicht landen, weil er dann nicht wieder hochkommt. Aber er könnte sie im Flug packen und nach oben schaffen und sie dann hier neben uns fallen lassen. Dazu müssen sich die Kleinen mit im Loch aufstellen. Und jetzt wollen wir uns erst mal bei den Kleinen da unten bemerkbar machen.“

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Und dann richtete Trico sich auf: „Hallo, ihr Kleinen da unten. Hier sind Freunde, die euch retten und euch etwas zu futtern geben wollen. Stellt euch mal mitten im Loch auf. Gleich kommt Rettung!“

Und jetzt müssen wir alle ganz laut nach Quetzi rufen und hoffen, daß er uns hört. Und dann schrien sie so laut sie konnten: „Quetzi, Quetzi !!!“

Es war auf einmal ein Rauschen in der Luft, als würde ein Sturm auf­kom­men. „Wer hat denn da so laut meinen Namen gerufen, als wäre ich schwer­hörig?“

Da winkte Trico zu ihm hoch. Und Quetzi rief herunter: „Ach du, Trico, alter Freund. Was ist los?“

Und dann erklärte Trico ihm, wie er die drei Sau­rierkinder retten könnte. Schon setzte Quetzi zum Sturzflug an, packte das erste Saurierkind, und vom Schwung wurde er wieder hinaufgetragen und ließ es neben Trico fallen. Und so auch mit den beiden anderen.

Die drei Saurierkinder starrten furchtsam auf den riesigen Trico. Der sagte zu ihnen: „Ihr braucht keine Angst zu haben. Wir haben euch gerettet und wollen eure Freunde sein. Ihr könnt bei uns bleiben. Zu essen findet ihr genug. Seht, da ist schon eine dicke fette Schlange. Und da sind Riesenkröten. Nun eßt erst mal. Und wenn ihr euch sattgegessen habt - und dabei zwinkerte Trico Dini zu - dann wollen auch wir essen.“ „Und ich auch,“ rief Walter. Und hätte sich beinahe an einem Grassamen verschluckt.

Daß aber Trico, Dini und Walter mit der Rettung der drei kleinen Tyrannosaurier auch ihr eigenes Leben gerettet hatten, das wußten sie nicht. Und das ist auch eine andere Geschichte ¼

Gefahr und Rettung

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Langsam liefen Trico und Dini mit Walter auf der Schulter zurück. Die drei Tyrannosaurierkinder liefen vorweg und fraßen alle Käfer, Kröten und Schlangen, sogar alle Würmer und Schnecken, die sie nur finden konnten und schlürften und schmatzten, daß es eine Lust war.

Dann kamen sie an den Platz, wo Trico den alten Tyrannosaurus aufgespießt hatte. Man sah das Saurierblut noch im Gras. Aber wo war der Tyrannosaurus geblieben? Was war hier geschehen?

Wie durch ein Wunder war Tricos Horn durch den Saurierkörper gespießt und hatte doch keinen Darm und keinen Magen, kein Herz und keine wichtige Ader getroffen. Und so war der Tyrannosaurus zwar von den Schmerzen ohnmächtig geworden. Aber irgendwann hatte er sich aufgerappelt und war zähneknirschend davongehumpelt.

„Denen werde ich's heimzahlen,“ grollte er vor sich hin. Und weil er sich, verletzt wie er war, zu schwach fühlte, machte er sich auf, seine Tyrannosaurierfreunde zusammenzurufen. Gemeinsam wollten sie über Trico, Dini und Dinis Mutter herfallen.

Trico und Dini ahnten Schlimmes. Sie liefen mit den drei kleinen Tyrannosauriern zu Dinis Mutter. Dini erzählte ihrer Mutter alles, was geschehen war. „Oh,“ sagte die, „das sieht übel aus, der große Tyrannosaurus wird sich rächen wollen. Und dann geht's uns an den Kragen.“

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Kaum hatte sie das gesagt, war schon in der Ferne ein Stampfen und Trampeln zu hören. Und kuzr darauf waren wohl an die zwanzig Tyrannosaurier zu sehen. Im Laufschritt hielten sie auf die kleine Gruppe von Dini zu.

Walter flatterte aufgeregt in der Luft herum: „Schickt doch einen von den kleinen Tyrannosauriern zu den großen. Vielleicht beruhigen sie sich dann.“ Trico meinte: „Das ist eine gute Idee. Vielleicht kommen die Monster dann zur Vernunft.“ Dini rief einen der kleinen Tyrannosaurier herbei und sagte zu ihm: „Lauf doch mal zu den großen Sauriern dahinten und erzähl ihnen, daß deine beiden Geschwister auch noch bei uns sind und daß wir gut auf euch aufgepaßt haben.“

Der Kleine rannte los. Und tatsächlich blieben die zwanzig Tyrannosaurier stehen. Sie standen um den kleinen Tyrannosaurus herum, und es war plötzlich ganz still.

Dann hörte man plötzlich ein Murmeln und Brummeln von der Gruppe der Ungeheuer. Und dann kamen zwei Gestalten langsam auf Trico, Dini und Dinis Mutter zugeschritten. Der Große humpelte ziemlich stark und er hielt den kleinen Tyrannosaurus an der Hand.

Von weitem schon rief der Große: „Wir wollen nur mit euch sprechen. Ihr braucht keine Angst zu haben.“ Und als er dann herangekommen war, sagte er: „Ihr habt meine drei Kinder gerettet, von denen ich geglaubt habe, sie seien längst tot.

Eigentlich sollte ich ja wütend auf euch sein.“ Und dabei zeigte er auf die Wunde in seinem Bauch. „Aber meine Freunde und ich freuen uns so sehr über die Rettung der drei Kinder, daß wir beschlossen haben, auf alle Rache zu verzichten.“

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Da sagte Dinis Mutter: „Kannst du dir vielleicht vorstellen, daß es für uns auch schlimm ist, wenn ihr unsere kleinen Kinder auffreßt?“ Und dabei zeigte sie auf Dini.

„Wir haben eben darüber nachgedacht,“ sagte der Tyrannosaurus. „Und wir haben beschlossen, eure Kinder in Zukunft in Ruhe zu lassen. Und wir wollen sogar noch mehr tun. Wenn ihr in Gefahr geratet, dann ruft nach uns. Wir werden euch helfen, wenn wir können.“

Dann rief er seine beiden anderen Kindern, die mit großen Augen im Gras saßen, und sie liefen langsam zu den andern Tyrannosauriern zurück: die drei Kleinen drehten sich noch einmal um und winkten Dini und Trico zu.

Walter landete wieder auf Dinis Schulter und sagte: „In meiner Welt gibt es ein Sprichwort, das heißt: Ende gut, alles gut.“

Und so war es nun ja wohl auch. Und damit ist die Geschichte aus.







Essays

Artikel, die vor allem um Texte der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur kreisen.
Auch die Frage zum Zusammenhang von Literatur und Religion wird hier verhandelt.
Außerdem finden sich hier Anmerkungen zur Zeit.

Eigene Texte

Es gibt hier lyrische Versuche. Außerdem Kindergeschichten.
Diese Kindergeschichten sind zum größten Teil entstanden bei der Arbeit mit Familien. Sie sind dazu gedacht, den Tag einzuleiten. Im Anschluss an diese Geschichten lassen sich gemeinsame Aufgaben erledigen: Die Herstellung von Klappern oder Bumerangs etwa, aber auch das gemeinsame Basteln eines Hauses.
Die Kindergeschichten entstanden dadurch, dass die Kinder Vorgaben zu Personal und Ereignissen gemacht haben, die dann am nächsten Morgen in der Geschichte vorkommen mussten.

Schrift und Schreiben

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